Pechschwarze Felsen ragen aus der Wolkendecke, unter die sich der Atlantik verkrochen hat. Das Flugzeug setzt zur Landung an: ich sehe rote Staubwolken am Horizont. Sahara. Dein Name klingt so magisch.
Was ist Marokko? Marokko ist:
- 99 Arten von Wüste und
- mindestens so viele Nuancen von Ocker,
- Lehmdörfer und Flüsse, die nicht begradigt sind,
- grüne Oasen und trommelnde Berber,
- aber auch trockene, vom Staub bedeckte Lippen und Millionen von Jahren alten Fossilien.
Marrakesch – die rote Stadt
Marrakesch erstrahlt in den letzten Sonnenstrahlen, noch roter vor dem schneeweißen Atlasmassiv. Die Altstadt ist ein alles und jeden verschluckendes Labyrinth.
Hier funktioniert kein GPS, es gibt keine Karten, nur handbemalte Erklärungen, wie man zum großen Djemaa El Fna kommt und wieder zurück findet. Rechts, links, nächste Ecke, bloss nicht in den Souks reinlaufen.
Djemaa El Fna – 1001 Nacht in real
Und er steht da, genauso wie vor 2.000 Jahren. Hier ist die Zeit einfach stehen geblieben. Schlangenbeschwörer, Handleser, Magier und Trommler, die schon damals die Handelskarawanen auf ihrer langen Sahara-Überquerung etwas Unterhaltung gespendet haben, sind immer noch da. Und unverändert. Für wenige Dollar nur kriege ich frisch gepressten Orangensaft und kann mir eine leckere Tajine zusammenstellen lassen. Der riesige Platz steht im Schatten der Koutoubia Moschee, die ihre Zwillingsschwester in Rabat und Sevilla hat. Fünfmal am Tag ertönt die Stimme des Muezzins und dann stehen alle Geschäfte still.
Die Wüste – die Mutter allen Lebens
Durch den roten, teilweise kargen Hohen Atlas fahren wir Richtung Merzouga. Dahin, wo die orangenen Sanddünen sind. Mein Fahrer fährt auf den ersten Blick ohne Richtung, einfach irgendwie durch die Wüste. In der Dämmerung ändert Sahara ihre Farben jede Minute. Gelb, leuchtend orange, zartrosa, grau, schwarz, grün. Und da, zwischen den Dünen treffe ich den Geschäftsmann, der mir Tee und Fossilien anbietet und Jimi Hendrix für 5 EUR verkauft. Die mir bekannten Zahlen reichen nicht aus, um die Sterne am Himmel zu zählen. Ich versinke in Sternen. Das einzige Geräusch, welches ich vernehmen kann, ist der Wind, der um den Hals der Weinflasche tanzt.
Ich denke mir, die Wüste ist Anfang und Ende vom Leben. Vor 350 Mio. Jahren ist hier das Leben entstanden, im Meer. Jetzt sind es nur noch Dünen, Sand und Staub, bis das Auge reicht. Ich höre den Soundtrack von “Arizona Dream” und tanze auf einer Düne, bis die Sonne untergeht.
Am nächsten Tag ist Weihnachten. In der Wüste und ohne Tannenbaum und meine Familie. Gewöhnungsbedürftig und zugleich witzig mit den dazu gehörigen Weihnachtsmützen.
Soundtrack: Ismaél Lo Jammu Africa