Nach einer kurzen Nacht besuchen wir Bhaktapur, eine der ältesten Tempelanlagen Nepals, die mit internationaler Hilfe nach dem vernichtenden Erdbeben von 2015 fast wieder aufgebaut worden ist. Die Vermischung zwischen Buddhismus und Hinduismus ist sehr spannend. Parvati, die Muttergöttin und Shiva, der Zerstörer begrüßen uns am Eingang der Heiligstätte, die sich über die ganze Stadt ausstreckt. Schlangensymbole sind hier omnipräsent. Über jedem Hauseingang hängt ein Bild mit Schlangen, eine riesige Kobra tänzelt hoch aus einem Lotusteich – die Schlangen stellen die Verbindung zwischen Himmel und Erde dar und schützen die Menschen gegen unsichtbare Dämonen. Unser Guide betet zu Krishna, nach seinen Worten, dem Playboy-Gott, damit er ihm eine jüngere Freundin vorbeischickt. Er ist 34 Jahre alt, seine Freundin ist 17. Sie ist ihm doch zu alt, sagt er und pfeift den Schulmädels hinterher. Im nepalesischen Sinne bin ich mit meinen 34 Jahren schon längst abgeschrieben. Nichts für ungut. Die Männer reichen mir ehe bis zur Brust.
Der nächste Halt beeindruckt mich nachhaltig. Pashupatinath ist der größte Hindu-Tempel in Nepal, in dem auch die Tradition der Leichenverbrennungen, wie in Indien zu sehen ist. Und zwar 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche. Ich verspüre eine tiefe Dankbarkeit, dass meine Nase nicht besonders empfindlich gegenüber den Gerüchen an diesem Ort ist. Teil mit Interesse, Teil mit Respekt und Ekel beobachte ich die rituelle Leichnamreinigung eines alten Mannes. Die Vorbereitung auf die Feuerstelle wird mit äußerster Sorgfalt durchgeführt. Der Besuch im Tempel selbst bleibt mir verwehrt, aber nicht der Aufmerksamkeit einer großen indischen Familie. Selfies, Fotos mit ihren weinenden Kindern im Quer- und Hochformat, so oder so – ich komme mir wie ein Popstar vor und lächel brav weiter. Vom Tempeleingang aus kann ich ausschließlich den Hintern und die großen goldenen Eier der heiligen Kuh sehen. Die Fruchtbarkeit darzustellen ist den Tempelbauern auf jeden Fall gelungen, meine Gedankenströme werden vom nächsten Selfiefan unterbrochen…