Und wieder sitze ich im Bus und fahre in die nördlichste Provinz Argentiniens, Jujuy. Ein Teil des großen Inka-Reichs. Die Straße RN9 ist Teil der geplanten Verbindung Pazifik-Atlantik, die durch alle Länder Südamerikas führen soll. Sie schlängelt zwischen riesigen bis zu 6.000m hohen Bergmassiven in verschiedenen Farben. Vor einem Monat hat hier eine Flutwelle, die aus den Bergen herunterdonnerte, Dörfer und Straßen unter Schlamm und Felsen begraben. Ich sehe, wie langsam sich die Region wieder erholt. Wir überqueren das trópico de Capricornio und sind nun offiziell in den Tropen. Hoch ist es hier, die knapp 3.000m in Humahuaca spüre ich deutlich beim Treppensteigen.
In dieser wilden Welt leben Nachkommen indigener Völker, die sich mit den porteños aus Buenos Aires nicht identifizieren können. Stolz nennen sich Gauchos. So hießen damals die Kinder der indigenen Frauen, die durch die Spanier vergewaltigt worden sind. Heutzutage beschreibt das Wort jemanden, der ganz früh Verantwortung für sein Leben übernimmt.
Die Menschen hier leben von Landwirtschaft, Viehzucht und Handarbeit. Das Klima ist rauh, aber sie lieben ihre Pachamama, die Mutter Erde. Jeden August, an einem Tag geben sie ihr zurück, das, was sie ihnen das ganze Jahr über gegeben hat. Jeder im Dorf stellt etwas, was er hergestellt hat, in ein Loch hinein, das mit einem Stein bedeckt wird.
Die Inka-Traditionen haben sich mit den spanischen Einflüssen vermischt. Am deutlichsten ist das in einer Kirche zu sehen, in der die Engel wie spanische Adeligen mit Musketen und mit pinken Flamingoflügeln zu sehen sind. Warum? Keiner wusste, wie Engel aussahen. Also fragte man die Konquestadore und sie sagten: Engel sehen aus wie wir, nur mit Flügeln…
Die Weite der Landschaft und die Farbenspiele sind beeindruckend. Wir trauen uns, Llama-Fleisch zu Mittag zu probieren. Es schmeckt wie Wild. Währenddessen sehen wir zu, wie Gauchos ihre Samba tanzen…