Der Trekk zu Poon Hill auf 3.200m dauert für Himalaya-Beginner 5 Tage und verläuft durch verschiedene kleine Dörfer. Wir starten relativ spät und genießen den langsamen Aufstieg zum Lunchpunkt. Natürlich Dal Bhat und noch ein paar Scheiben Brot für die ganz Hungrigen unter uns. Das teuerste Toastbrot meines Lebens. 8 Dollar für 4 Scheiben Brot. Jetzt weiß ich definitiv, dass Nepalesen kein Brot essen. Für den Rest der Reise steige ich auf Reis um.
Der konstante Aufstieg verwandelt sich in Abstieg, wir ahnen Böses. Axel Rose’ Sweet Child of Mine hallt aus dem tiefsten Punkt des grünen Tals. Wie ich dann im Nachhinein feststellen werde, haben Guns’n’Roses eine große Fanbasis in Nepal. Es folgen über 3500 Steintreppen im tropischen Nachmittagsregen, bis wir in Ulleri ankommen. Die Oberschenkelmuskeln schreien, die Seele jubelt. Warmes Duschwasser und der Blick auf den Annapurna II beim Surya Namaskar um 6 Uhr morgens machen die körperlichen Strapazen wieder gut. Da der Boden in der Hütte einen lebendigen Eindruck erweckt (Terry Pratchett hat auf jeden Fall Recht. Manche Böden und Teppiche sind dicht bewohnt), mache ich Yoga mit Socken auf den Händen, wie die Buddhisten bei ihrer Bewegungsmedidation. Den würzigen und pfefferigen Geschmack des Masala-Tees vor der schneebedeckten Felswand zu genießen – das ist pures Glück!
Um 8.30 Uhr auf 2.200m ist es schon brüllend heiß. 600 Höhenmeter, 5 Stunden und hunderte von Treppen später kommen wir in Ghorepani an. Ein Dorf ohne Strom, aber mit Feuertonnen und leckerem Tibetischen Brot. Frittiert und süß. Ich rauche an diesem Abend zum ersten Mal Haschich mit ein paar Holländern und genieße das angenehme Highsein auf Bier und Dal Bhat am brennenden Ofen. Das Aufstehen um 4 Uhr mit Stirnlampen und der einstündige Aufstieg auf 3.200m fallen mir nicht schwer. Wen wundert es – noch mehr Treppen. Klatschnass vom Schweiß kommen wir mit dem Sonnenaufgang an, genau rechtzeitig für dieses Naturspektakel. Die Wolken verschwinden und das Annapurnamassiv zeigt sich in seiner ganzen unbeschreiblichen Erhabenheit. Ich trinke frischen Ingwertee, zittere leicht und höre mein Herz sich wieder beruhigen. Es ist überwältigend und ich bin unendlich dankbar, diese Szenerie bewundern zu dürfen. Namaste Annapurna! Du bist göttlich.
Nach dem Aufstieg und einem leckeren Frühstück steigen wir nochmalig auf 3.400m auf, um den Tag mit Wandern am Kamm zu verbringen. Der Trekk führt durch rosablühende Rhododendronwälder. Laut Aussagen unseren Wirtes dauert es nicht länger als 4 Stunden. An diesem Tag bewältigen wir insgesamt 2.000 Höhenmeter hoch und 1.500 runter. Es ist zum Schreien anstrengend, wir sind seit 4 Uhr morgens unterwegs und insgesamt fast 8 Stunden. Meine Kräfte sind zu Ende. Dieser Zustand ist bei mir seltener als Regen in der Wüste. Nach der Ankunft in einem sehr ärmlichen Dorf, Tadapani erwischt uns ein Graupelschauer. Ausgehungert und hundemüde müssen wir das schlechteste Essen auf dieser Reise verschlingen und einfach schlafen gehen. Meine Biouhr weckt mich jetzt jeden Morgen um halb 6, genau pünktlich zur nächsten grandiosen Aussicht. Annapurna entkleidet sich schon wieder und wieder stockt mir der Atem bei diesen überirdischen Formen.
Adrenalin über der Schlucht
Der Weg zum letzten Dorf Ghandruk geht bergab und am Ende laufen wir eine Maultierherde hinterher bis zu einem Bus, der uns in 3 Stunden nach Pokhara zurück bringen muss. Ohne Lügen zu müssen, kann ich sagen, dass diese Fahrt bislang ohne Konkurrenz in meinem Leben bleibt. Der Bus fährt auf einer löchrigen Steinpiste, die Schlucht entlang, die 1.000m steil runter geht. Alles bebt und wackelt. Bei Gegenverkehr muss die eine Seite mit einem Reifen aus dem Weg balancieren. Später steigen noch weitere Touristen, Einheimische und eine Ziege in den Kofferraum ein. Der Zirkus ist komplett.
Mit Adlern schweben
Der nächste Tag fängt mit “Despacito” in einem kaputten Auto an auf dem Weg nach Sarangkhot. Paragliding! Ich sterbe vor Ungeduld, über dem riesigen smaragdgrünen See von Pokhara eaglelike zu schweben. Es ist noch geiler als in meiner Vorstellung. Ich setze einen weiteren Punkt auf meiner Lebensliste: einen Paraglideschein zu machen und so oft wie ich es will, in die Luft zu schweben. Im Gegensatz zu mir kotzt sich die kleine Chinesin ihre Eingeweide aus. 2 Tage in Pokhara verbringe ich mit Spaziergängen am See und nehme auch Yoga-Unterricht bei einem verrückten Osho-Anhänger. Das Studio ist direkt neben der Küche eines großen Restaurants, so dass ich bei der Anfangsmeditation das Geklapper von tausenden von Gabeln nur schwer ignorieren kann. Yoga mitten im Leben – ich lache innerlich.
Schlaflos im Nepal
Die Nacht ist schlaflos. Im luxuriösen Nachtbus nach Kathmandu rutsche ich von meinem Sitz immer wieder runter und suche vergeblich nach Ruhe und einer Schlafposition. Weder das eine noch das andere gelingt mir. Nepalesen schlafen nachts im Bus offenbar gar nicht. Halb 5 morgens. Ich laufe schon wieder die Straßen Kathmandus hundemüde und sich sehnend nach einem Espresso der besten Barristas der Stadt.
Hahaha….. I like the two busses passing! That was very close! I would totally die with fear! 😀
Ahahaha, I died a few times too:)